24. Jänner - 08. März 2025

Astrid Rausch. See You When I See You

Nach mittlerweile zwei Ausstellungsbeteiligungen freut sich die Galerie Reinthaler, Astrid Rausch (*1975 Innsbruck) fix ins Galerieprogramm zu übernehmen und dies Anfang 2025 mit einer ersten Solo-Schau feiern zu können. 

Astrid Rauschs Malereien sind häufig mit voluminösen Lagen an Ölfarbe überzogen und entern damit die dritte Dimension. Auch ihr Atelier selbst, die Oberfläche des Tisches, auf dem sie die Farben mischt, der Boden unter und zwischen dem Abdeckpapier – all das lebt, atmet und besteht aus viel, viel Farbe. „Ich arbeite mit Farben, die ich mir selbst anmische und so nach meinen Vorstellungen zusammenstelle,“ sagt Rausch. „Während des Malens lege ich das Bild dann auf den Boden, dann stelle ich es wieder senkrecht oder kopfüber, dadurch entstehen neue Blickwinkel. Ich habe den Anspruch als Malerin, dass das Bild mich selbst auch immer wieder überraschen soll."

 

Ausstellungstext von Vanessa Joan Müller, Kunsthistorikerin

Ein Gemälde kann abstrakt oder figurativ sein, fast in jedem Werk finden sich aber auch Zonen des Übergangs. Bei Astrid Rausch ist diese Parallelität von gegenständlich lesbaren Bildelementen und vollständig abstrakt anmutenden ein geradezu elementarer Teil ihrer Malerei. Figuratives scheint manchmal vor allem unserer Suche nach diesem geschuldet. An anderer Stelle verwandelt sich das vermeintlich Abstrakte in ein Zusammenspiel von Form und Farbe mit überzeugendem Wirklichkeitsbezug. Dieses Changieren, das auch eine narrative Aufladung mit sich bringt, verdankt sich einem Einsatz der Farbe, die Astrid Rausch zur eigentlichen Protagonistin ihrer Werke erhebt. Farbschichten überlagern einander, mal deckend, dann wieder lasierend, und halten die Genese des Bildes sichtbar. Diese ist ebenso von der Gestik des Farbauftrags bestimmt wie von deren Substanz und ihren jeweiligen Aggregatzuständen. Das Fließen der noch flüssigen Farbe wird von der Künstlerin durch Drehen der Leinwand orchestriert, der Fluss im richtigen Augenblick gestoppt. Herabrinnende Spuren zeugen von einem fein austarierten Verhältnis von autonomer Farbe und lenkender Hand. Diese Überlagerung von Geste und Prozess, das Einfrieren der autonomen Farbe in ihrem Verlauf, verleiht Astrid Rauschs Werken eine ganz eigene Zeitlichkeit und Perspektivität. Letztlich entstehen ihre Kompositionen entlang dessen, was sich auf der Leinwand ereignet und was sich daraus machen lässt.

Tatsächlich geht es hier um das Medium Malerei und die Möglichkeiten der Farbe als Substanz. Körper sind am Ende auch nur Farbflächen, und Räumlichkeit ist ein Resultat aufeinandertreffender Linien. Dass die reine Abstraktion dennoch nie die Überhand gewinnt, verdankt sich einer Reihe subtiler Strategien, die den Assoziationsreichtum der Farbpalette subtil lenken. Dass abstrakte Bildräume oft als Landschaften wahrgenommen werden, konterkariert Astrid Rausch beispielsweise durch Titel wie „Villa“, die vermeintliche Horizontlinien zurückbinden an elementare Architekturformen. Abstrakte Farbzonen treffen dann auf eindeutige Richtungsvektoren und geometrische Konfigurationen, ohne sich explizit ins Dreidimensionale zu entfalten. Die „Steinböcke“ erhalten wiederum durch ihre Kontur und intuitiv als Augen lesbare Punkte Gestalt. Auch ein auf den ersten Blick sehr figuratives Gemälde wie „Konferenz“ entwickelt seine Intensität vor allem aus den uns anblickenden Augenpaaren, die aus Rundformen menschliche Physiognomien machen. Raum schaffende Flächigkeit trifft hier auf eine leichte Perspektivität, die sich dort entwickelt, wo Farbflächen aufeinandertreffen. 

Alle diese Werke zeichnen sich durch eine intensive Chromatik aus, die sich atmosphärisch über das Dargestellte legt und jeden Pinselstrich nuanciert. Ob subtil ineinanderfließende Farbe oder kontrastreiches Gegenüber – aus der Tiefe der Farbschichten dringt ein immaterielles Leuchten, das allem Gegenständlichen seine vermeintliche Eindeutigkeit nimmt und neue Wahrnehmungsräume öffnet.

Der Titel der Ausstellung – See You When I See You – hat etwas von diesem Suchen, diesem Austausch mit dem, was uns vermeintlich aus der Leinwand heraus anblickt: Wir sehen uns, wenn ich dich sehe. Das meint kein erkennendes Wiedersehen, sondern ein Erkunden und Entdecken. Gerade die narrative Offenheit verwandelt diesen Bildern in ein Möglichkeitsfeld, um Farbräume und Konturen imaginativ aufzuladen. Das verleiht Astrid Rauschs Arbeiten eine großzügige Uneindeutigkeit, die uns als betrachtendes Gegenüber direkt adressiert. Letztlich sind ihre Gemälde Behältnisse für unsere Imagination. Was sich vor unseren Augen aktualisiert, ist ein assoziativer Raum, aus dem die Farbe in ihrer ganzen Materialität und ihrem Bedeutungsspektrum spricht.

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After two participations in exhibitions, Galerie Reinthaler is delighted to have Astrid Rausch (*1975 Innsbruck) permanently in the gallery program and to be able to celebrate this with her first solo show at the beginning of 2025.

Astrid Rausch's paintings are often covered with voluminous layers of oil paint and thus enter the third dimension. Her studio itself, the surface of the table on which she mixes the paints, the floor underneath and between the masking paper - all of this lives, breathes and consists of lots and lots of color. "I work with colors that I mix myself and put together according to my ideas," Rausch says. "While I'm painting, I put the painting on the floor, then I put it upright or upside down, which creates new perspectives. As a painter, I want the painting to surprise me over and over again."

 

Exhibition text by Vanessa Joan Müller:

A painting can be abstract or figurative, but almost every work contains zones of transition. In Astrid Rausch's work, this parallelism of figurative and completely abstract pictorial elements is an almost elementary part of her painting. Sometimes the figurative elements seem to be based primarily on our search for them. At other times, the supposedly abstract is transformed into an interplay of form and color with a convincing reference to reality. This oscillation, which also carries a narrative charge, is due to the use of color, which Astrid Rausch elevates to the real protagonist of her works. Layers of color, sometimes opaque, sometimes transparent, overlap and reveal the genesis of the image. This is determined as much by the gesture of applying the paint as by its substance and its respective aggregate states. The artist orchestrates the flow of the still liquid paint by turning the canvas and stopping the flow at the right moment. Traces running down the canvas testify to a finely balanced relationship between autonomous paint and a guiding hand. This superimposition of gesture and process, the freezing of the autonomous paint in its course, gives Astrid Rausch's works a very unique temporality and perspectivity. Ultimately, her compositions emerge from what happens on the canvas and what can be made of it.

It is really about the medium of painting and the possibilities of color as a substance. In the end, bodies are just surfaces of color, and spatiality is the result of colliding lines. The fact that pure abstraction never gains the upper hand is due to a series of subtle strategies that subtly direct the richness of associations of the color palette. Astrid Rausch counteracts the fact that abstract pictorial spaces are often perceived as landscapes with titles such as "Villa," which relate the supposed horizon lines to elementary architectural forms. Abstract color zones then meet clear directional vectors and geometric configurations without explicitly unfolding into the three-dimensional. The "ibexes" in turn take shape through their contours and dots, which can be intuitively read as eyes. Even a painting such as "Conference," which at first glance appears to be highly figurative, derives its intensity primarily from the pairs of eyes that gaze at us, transforming round forms into human physiognomies. Here, the flatness that creates space meets a slight perspectivity that develops where areas of color meet.

All of these works are characterized by an intense chromaticism, which lies atmospherically over the depicted and nuances every brushstroke. Whether subtly merging colors or contrasting opposites, an immaterial glow emerges from the depths of the layers of paint, robbing the supposed unambiguity of anything representational and opening up new spaces of perception.

The title of the exhibition - See you when I see you - has something of this search, this exchange with what supposedly looks back at us from the canvas: See you when I see you. This does not mean a recognizable reunion, but an exploration and discovery.

It is precisely the narrative openness that transforms these paintings into a field of possibilities for imaginatively charging color spaces and contours. This gives Astrid Rausch's works a generous ambiguity that speaks directly to us as viewers. Ultimately, her paintings are containers for our imagination. What unfolds before our eyes is an associative space from which color speaks in all its materiality and spectrum of meaning.

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